Best-Practice-Beispiele für Patientensicherheit
Im Sinne des „Voneinander Lernens“ fand am Montag, den 10.März 2025 das jährliche IPS-Netzwerktreffen statt. 31 Expert*innen aus Krankenanstalten der ganzen Steiermark tauschten sich über Patient*innensicherheit in allen Bereichen der Gesundheitsversorgung aus. Dabei wurden auch Best-Practice-Beispiele vorgestellt.
Die Best-Practice-Beispiele der IPS-Mitglieder sind eine wesentliche Grundlage für das Lernen voneinander. Im Rahmen des Netzwerktreffens wurden alle Best-Practice-Beispiele (von der Meldung über die Ursachenanalyse bis zur Umsetzung und Evaluierung) beurteilt. Die drei Beispiele mit dem höchsten Lerneffekt (attestiert von den Expert*innen) sind die folgenden:
1. Best-Practice-Beispiel Patientensicherheit: Lifttüren
Fallbeschreibung (Was ist passiert?)
Zwei Patienten (Tetraplegiker) gelang es, auf Grund der fehlenden Finger- und Handfunktion, nicht die Tasten im Lift zu betätigen. Die Türe schloss sich und die Patienten mussten warten, bis zufällig jemand den Lift benutzte. Bis dahin mussten sie längere Zeit eingeschlossen warten.
Ursachenanlyse (Warum ist es passiert?)
Da sich, auch bei nichtbetätigen der Tasten im Lift, die Lifttüren schließen, wurden die Patienten dadurch eingeschlossen. Die Lifttüren öffnen sich auch erst dann wieder, wenn das Zielstückwerk erreicht wurde oder jemand den Lift „ruft“.
Von außen war es den Patienten möglich den Lift zu „rufen“, da die Tasten nicht von einem Handlauf (dient zum Anhalten und der Sicherheit der Patienten) verdeckt waren und man mit dem Rollstuhl ganz in die Nähe der Tasten fahren konnte.
Erarbeitung von Lösungen und Umsetzung (Was wurde zur Problembeseitigung unternommen?)
- Es wird bei der Liftfirma nachgefragt, ob die Möglichkeit besteht, dass die Lifttüren immer auf „offen“ stehen und dadurch ein Einschließen bei Nichtbetätigung der Tasten, nicht mehr möglich ist. Rückmeldung erfolgt an das CIRPS Team.
- Die Liftfirma meldete rück, dass diese Möglichkeit besteht.
- Es wird der Lift im Bereich des Portiers probeweise (4 Wochen) eine Lifttür so umgerüstet, dass die Türen konstant auf „offen“ stehen.
- Der Test war erfolgreich. Im Zuge der nächsten Servicearbeiten an den Liften werden alle Lifte umgestellt (Türen bleiben offen).
- Im Zuge der Servicearbeiten wird auch in allen Liften eine Sprachansage zur besseren Orientierung im Haus installiert.
Evaluierung (Wie werden bzw. wurden die gesetzten Maßnahmen überprüft?)
Da es sich um eine bauliche Veränderung handelt, ist eine Evaluation derzeit nicht geplant.
Lösung:
Die Lifttüren stehen immer offen und schließen sich erst bei Ruf oder Betätigung der Tasten im Lift, dadurch ist ein versehentliches Einschließen nicht mehr möglich. Die zusätzliche Sprachansage dient der besseren Orientierung im Haus.
2. Best-Practice-Beispiel Patientensicherheit: Unterschiedliche Ampullengrößen
Fallbeschreibung (Was ist passiert?)
Eine Ambulanz besteht aus mehreren Teilbereichen, wobei in einigen Bereichen das Medikament Piritramid 7,5mg/ml à 2 ml (15 mg) Ampullen und in anderen Bereichen Piritramid 7,5 mg/ml à 1 ml (7,5 mg) Ampullen verwendet wurde. Durch Neustrukturierungen und Zusammenlegung der Bereiche arbeitet das Personal nicht mehr nur in einem Bereich, sondern wird in der gesamten Ambulanz eingesetzt. Dadurch ist die Gefahr gegeben, dass es zu Verwechslungen in der Dosierung kommen könnte. Eine Mitarbeiterin zeigte dieses Risiko auf, es ist zu keinem unerwünschten Ereignis gekommen.
Ursachenanalyse (Warum ist es passiert?)
Vor der Umstrukturierung haben diese ambulanten Bereiche autonom gearbeitet. Somit war es kein Thema, welche Medikamente in welcher Dosierung im jeweils anderen Bereich verwendet werden. Durch die Personalrotationen kam es zu unterschiedlichen Interpretationen, wenn von „einer Ampulle“ gesprochen wurde – für das Personal eines Bereiches bedeutete „eine Ampulle“ (bei vorübergehend mündlicher Anweisung) eine Ampulle mit 15mg, für das Personal des anderen Bereiches eine Ampulle mit 7,5mg Wirkstoff.
Erarbeitung von Lösungen und Umsetzung (Was wurde zur Problembeseitigung unternommen?)
Nach Information der Medikamentenkommission wurde als Strukturmaßnahme eine Vereinheitlichung in der Ambulanz beschlossen. Es werden ausschließlich Ampullen „Piritramid 7,5mg/ml á 1 ml“ verwendet.
Evaluierung (Wie werden bzw. wurden die gesetzten Maßnahmen überprüft?)
Die Verwechslung kann auf Grund der strukturellen Veränderung nicht mehr auftreten
3. Best-Practice-Beispiel Patientensicherheit: Herzalarm wurde nicht korrekt ausgelöst
Fallbeschreibung (Was ist passiert?)
Herzalarm wurde von Verwaltungspersonal (Aufnahme) über das DECT ausgelöst, jedoch wurde nicht auf das Band gesprochen. Somit wusste das Notfallteam nicht, wo sich der Notfall ereignete. Das Notfallteam musste zuerst alle Stationen und Ambulanzen anrufen, um zu erfragen, wo der Notfall passiert ist. Erst dann konnte das Notfallteam zum Notfallort laufen.
Bis zur Ankunft des Notfallteams wurde der Patient vom Personal vor Ort versorgt und kam nicht zu Schaden.
Konsequenzen / Beeinträchtigte Qualitätsindikatoren:
- Patientensicherheit
- Rechtzeitigkeit/Zugänglichkeit
- Kontinuität der Versorgung
Risikoeinschätzung:
- hohes bis sehr hohes Risiko
Ursachenanlyse (Warum ist es passiert?)
- Die Überprüfung des ausgelösten Herzalarms hat ergeben, dass eine technische Störung durch IT ausgeschlossen werden kann.
- Nach Rücksprache mit den Mitarbeiter*innen des Teams gab es Unklarheiten beim Auslösen eines Herzalarm, wann man zu sprechen beginnen soll, da man kein Freizeichen hört. Und es war auch teilweise unklar was man genau auf das Band sprechen sollte.
- Das praktische Üben des Absetzens eines Herzalarms über das DECT war bis jetzt nicht möglich.
Erarbeitung von Lösungen und Umsetzung (Was wurde zur Problembeseitigung unternommen?)
Getroffene Maßnahmen:
- Es gab eine anlassbezogene Unterweisung in Bezug auf die korrekte Auslösung des Herzalarms (2x Ansage auf das Tonband sprechen, danach auflegen) für alle Mitarbeitenden des Teams
- Seit 2024 sind die Absolvierung das ERC Immediate Life Support (ILS) Notfalltraining und das ERC Basic Life Support (BLS) Notfalltraining für nicht-medizinisches Personal jährlich verpflichtend durchzuführen. Ab sofort stehen für die ILS/BLS Kurse zwei DECTs zur Verfügung, mit denen die Alarmierung des Herzalarms praktisch geübt wird.
Begleitend wurden folgende Maßnahmen initiiert:
- anlassbezogene Sensibilisierung für alle Mitarbeiter*innen zum Thema Vorgehen bei Notfällen und Alarmierung des Notfallteams über das Mitarbeiterportal
- Evaluierung und gegebenenfalls Nachrüsten des Aushangs von Notfallplakaten „Vorgehen bei Notfällen“ im gesamten Krankenhaus
Evaluierung (Wie werden bzw. wurden die gesetzten Maßnahmen überprüft?)
- laufende Feedbackauswertungen zu den Notfalltrainings, inkl. praktischer Anwendung im Krankenhaus
- auch im Rahmen der Teambesprechungen in den Verwaltungsteams regelmäßige Erinnerung an das Vorgehen bei Notfällen bzw. das Auslösen des Herzalarms durch die Abteilungsleitungen
- laufende Auswertung der Fälle aus dem Chancen- und Risikomanagement und Einholen von Feedbacks im Rahmen von Patientensicherheit JF mit den Teamleitungen.