„Hospiz- und Palliativversorgung ist Lebensmedizin”
Die Verbesserung der Lebensqualität und nicht das Sterben stehen im Mittelpunkt der Hospiz- und Palliativversorgung. 5,3 Mio. Euro werden in der Steiermark derzeit in die Weiterentwicklung dieser Versorgung investiert. Wie sie organisiert ist und welche Verbesserungen sich durch das neue österreichweite Hospiz- und Palliativfondsgesetz ergeben, erläutert Andreas Köck, Leiter der Palliativkoordinationsstelle Steiermark.
„Es geht in der Hospiz- und Palliativversorgung immer um Lebensmedizin“, steht für Andreas Köck außer Frage. Er ist seit 1. November 2022 Leiter der Palliativkoordinationsstelle Steiermark, die vom Gesundheitsfonds Steiermark finanziert und organisatorisch in die KAGes eingegliedert ist. Zu den Aufgaben der Koordinationsstelle zählt die Vernetzung der unterschiedlichen Träger und Stakeholder und Weiterentwicklung der Angebote, aber auch um das Abbauen von Hemmschwellen. Dass es in der Hospiz- und Palliativversorgung um die Verbesserung der Lebensqualität geht und nicht das Sterben im Fokus steht, sei vielen Menschen nicht bewusst. „Es gibt leider diese Hemmschwelle“, bestätigt Köck. „Sie lässt sich aber sehr schnell abbauen, wenn uns die Patientinnen und Patienten kennenlernen. Dann wird spürbar, dass es um das Reduzieren der großen und kleinen Sorgen sowie das Lindern von Leiden und um Lebensmedizin geht.“
Den Unterschied zwischen Hospiz und Palliativ erläutert Köck folgendermaßen:
- Palliativversorgung: Interdisziplinäre Expert*innen-Teams (Medizin, Pflege, Sozialarbeit etc.) bekämpfen Symptome, lindern Schmerzen und begleiten die Patient*innen
- Hospizversorgung: Hier steht der Aspekt des Beistandes im Vordergrund. Es geht primär ums Zuhören und Dasein für die Patient*innen. Die Hospizversorgung wird in der Steiermark derzeit größtenteils von ehrenamtlichen Personen durchgeführt.
Enge Kooperation mit den Hausärzt*innen
„Es geht in der Hospiz- und Palliativbetreuung sehr stark um eine vorausschauende Planung und den frühzeitigen Versuch, Leiden zu lindern. Die Behandlung erfolgt dabei immer in enger Abstimmung mit den Hausärztinnen und Hausärzten“, verweist Köck auf die Zusammenarbeit. Für die Patient*innen entstehen durch die Hospiz- und Palliativversorgung keine Zusatzkosten.
Andreas Köck, Leiter der Palliativkoordinationsstelle Steiermark
(Credit: cp-pictures)
5,3 Mio. Euro für den Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung
Der Versorgungsgrad in der Steiermark ist laut Köck im Bundesländervergleich sehr gut, die demografische Entwicklung führt aber zu einem stark steigenden Bedarf. Daher werden u. a. die stationären Palliativ- und Hospizbetten in den ländlichen Regionen der Steiermark ausgebaut (siehe unten), auch bei der Versorgung von Kindern und Jugendlichen erfolgt eine Weiterentwicklung. Für das Jahr 2023 werden für die Weiterentwicklung vom Gesundheitsfonds Steiermark 5,3 Mio. Euro zur Verfügung gestellt. Insgesamt sind für Hospiz- und Palliativeinrichtungen im Jahr 2023 16,38 Mio. Euro budgetiert. Umgesetzt werden u. a.:
- Stationäre Palliativbetten: Bislang gibt es 48 Palliativbetten an sieben Standorten. Mit Herbst 2023 gehen weitere acht Betten im LKH Weststeiermark (Standort Deutschlandsberg) in Betrieb.
- Stationäre Hospizbetten: Insgesamt sind laut RSG-St 2025 bis zum Jahr 2025 30 stationäre Hospizbetten für die gesamte Steiermark vorgesehen, bis 2030 zumindest weitere acht Hospizbetten. Die fehlenden 16 Hospizbetten bis 2025 sollen in der VR63 – östliche Obersteiermark (acht Betten in Leoben) und der VR64 – Oststeiermark errichtet werden. Auch im neuen Leitspital Liezen sollen vier Hospizbetten aufgebaut werden.
- Hospizteams: Für die hauptamtliche Koordination der Hospizteams sind bis 2025 und 2030 personelle Verstärkungen vorgesehen. Es gibt 32 Teams, wobei versucht wird, einen langsamen Übergang zu einer hauptamtlichen Teamleitung (bis 2025 schrittweise Anpassung) herbeizuführen.
- Stationäre Kinderpalliativbetten: In der Steiermark werden die Betten derzeit integriert in den Abteilungen für Kinder- und Jugendheilkunde betrieben. Künftig sollen sie gesondert ausgewiesen werden und um eine Ausstattung speziell für Palliativbehandlung ergänzt werden.
Vier Betten sollen am LKH Univ. Klinikum Graz für 2023 und in weiterer Folge zwei am LKH Hochsteiermark, Standort Leoben realisiert werden.
In die Weiterentwicklung der Hospiz- und Palliativversorgung werden 5,3 Mio. Euro investiert.
(Credit: xavierarnau/iStock)
Erstmals österreichweit einheitliche Struktur
Ein zentrales Thema für die Hospiz- und Palliativkoordinationsstelle ist derzeit die Umsetzung des neuen österreichweiten Hospiz- und Palliativfondsgesetzes. Dieses gilt als Meilenstein, da erstmals die bislang sehr unterschiedlich organisierte Hospiz- und Palliativversorgung in den Bundesländern vereinheitlicht wird. Finanzierung und Organisation sind damit bundesweit geregelt, auch einheitliche Qualitätskriterien sind definiert, die nun umgesetzt werden. Köck gibt Einblick in die Umsetzung: „Wir arbeiten daran, die Struktur und die Ausstattung der Teams zu vereinheitlichen. Dazu braucht es auch entsprechende Monitoring-Systeme. Regelmäßige Weiterbildung muss ebenfalls gewährleistet sein und ganz wichtig: ein niederschwelliger und gleichwertiger Zugang zu den Versorgungsangeboten für alle Menschen.“
Abgestufte Hospiz- und Palliativversorgung
In der Steiermark wird die Grundversorgung im Hospiz- und Palliativbereich von den Hausärzt*innen, Krankenhäusern und Pflegeheimen gewährleistet (erste Stufe). Laut Köck ist für rund 80 Prozent der Steirer*innen die Grundversorgung ausreichend. Für die rund 20 Prozent der Menschen, bei denen komplexe Erkrankungen und großer Leidensdruck vorhanden sind, kommt die spezialisierte Versorgung zum Einsatz. Diese wird über die mobile Hospiz- und Palliativteams sowie Hospiz- und Palliativbetten gewährleistet.
Telefonische Rufbereitschaft
Sehr gut angenommen wird laut Köck auch die 24-stündige-Rufbereitschaft, die in den meisten Regionen angeboten wird. „Dieses Dasein am Telefon ist vor allem in Krisensituationen eine wichtige Stütze. Angehörige sowie Patientinnen und Patienten können rund um die Uhr anrufen und der Vorteil ist, dass die Pflegeperson am Telefon die Patientin bzw. den Patienten auch meist selbst kennt.“
Potenziale durch Telemedizin
Potenziale für die Zukunft der Hospiz- und Palliativversorgung sieht Köck u. a. in der Telemedizin. „Wir haben in vielen Regionen die Herausforderung, dass die Anfahrtszeiten sehr lang sind. Hier könnten wir mithilfe von telemedizinischen Diensten schneller bei den Patientinnen und Patienten sein.“ Ein weiteres Zukunftspotenzial liegt für Köck in der engeren Verschränkung mit der Geriatrie, der Altersmedizin.