Gemeinsam gegen Essstörungen

Im Rahmen des Schwerpunkts für Mädchen- und Frauengesundheit widmet sich der Gesundheitsfonds Steiermark auch dem Thema Essstörungen. Die Projekte in diesem Bereich zielen darauf ab, Essstörungen zu entstigmatisieren und Angehörige und Fachkräfte zu sensibilisieren. Umgesetzt werden die Projekte von Leli (LebensGroß) und VIVID.

Schätzungen zufolge erkranken rund 200.000 Frauen in Österreich im Laufe ihres Lebens an einer Essstörung. Für das Umfeld der Betroffenen ist es nicht immer einfach, mit der Erkrankung umzugehen. Auch bei Pädagog*innen, Ärzt*innen, Psychotherapeut*innen, Diätolog*innen oder Gesundheits- und Krankenpfleger*innen bestehen oft Unsicherheiten. Umso wichtiger sind daher qualifizierte Schulungen und ein Austausch von Fachkräften, die regelmäßig mit Mädchen und Frauen in Kontakt stehen. Genau hier setzt das Projekt „DeESSkalation – Gemeinsam gegen Essstörungen“ an. Es wurde im Rahmen des Schwerpunkts für Mädchen- und Frauengesundheit vom Gesundheitsfonds Steiermark initiiert und wird vom Leli Tageszentrum für Menschen mit Essstörungen umgesetzt.

DeESSkalation (Beratungssituation Essstörungen)

Leli bietet Menschen mit Essstörungen individuelle Betreuungsangebote und setzt das vom Gesundheitsfonds geförderte Projekt DeESSkalation um. Dabei werden u. a. Anlaufstellen für Betroffene und Angehörige gesammelt und aufgelistet, eine digitale Infoplattform aufgebaut und Fortbildungen für Fachkräfte organisiert (u. a. zu den Auswirkungen neuer Medien auf Essstörungen). Am Bild: LeLi-Leiterin Nina Baumgartner.
© LebensGroß

Essstörungen als Schwerpunkt

Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß: „Essstörungen sind kein Ernährungsproblem, sondern schwere psychische Erkrankungen mit potenziell lebensgefährlichen Komplikationen. Die Zahl der Betroffenen ist in den letzten Jahren gestiegen. Im Rahmen unseres Schwerpunkts für Mädchen- und Frauengesundheit setzten wir daher gezielte Schritte, damit die Erkrankung möglichst frühzeitig erkannt und Betroffene punktgenau unterstützt werden.“

Versorgung für Menschen mit Essstörungen weiterentwickeln

„Wir analysieren derzeit die Versorgungsangebote für Menschen mit Essstörungen in der Steiermark, um sie bedarfsgerecht weiterzuentwickeln. Auch die Sensibilisierung, Schulung und Vernetzung von Akteurinnen und Akteuren im Gesundheitssystem und im Umfeld von Betroffenen ist ein wichtiger Aspekt. Diesem widmet sich das vom Gesundheitsfonds geförderte Projekt ‚DeESSkalation – Gemeinsam gegen Essstörungen‘. Darüber hinaus arbeitet VIVID – Fachstelle für Suchtprävention in unserem Auftrag daran, Essstörungen bereits in Volksschulen vorzubeugen“, so Michael Koren, Geschäftsführer des Gesundheitsfonds Steiermark.

LeLi bietet individuelle Betreuung

Susanne Maurer-Aldrian, Geschäftsführerin von LebensGroß: „Bei LebensGroß gehen wir Herausforderungen auf den Grund und liefern mit unseren Angeboten Perspektiven und Lösungen. Leli ist aus der Notwendigkeit entstanden, Menschen mit Essstörungen individuelle Betreuungsangebote zu ermöglichen. Das große Interesse aus allen Bundesländern an diesem Projekt unterstreicht dessen Wichtigkeit. Die Erfordernisse des Alltags fordern aber von uns, dass wir uns aber nicht auf den Lorbeeren ausruhen, sondern uns stetig weiterentwickeln – wie mit der mobilen Beratung oder dem Projekt „DeESSkalation“. Gemeinsam mit unseren Partnerinnen und Partnern nimmt LebensGroß diese Aufgabe gerne an.“

Essstörungen entstigmatisieren

Das übergeordnete Ziel von „DeESSkalation – Gemeinsam gegen Essstörungen“ ist es, Essstörungen zu entstigmatisieren. Angehörige und Fachkräfte sollen in Bezug auf das Thema umfassend informiert und sensibilisiert werden, was natürlich den Betroffenen selbst zu Gute kommt. In einem ersten Schritt gab es dafür im Juli 2023 ein Netzwerktreffen, an dem rund 40 Expert*innen unterschiedlicher Fachrichtungen teilnahmen. Es wurden Bedarfe erhoben, die Ergebnisse sind in das Fortbildungsprogramm eingeflossen, welches im Herbst 2023 startet (siehe unten).

Konkrete Maßnahmen im Rahmen des Projekts sind:

  • Die Erstellung einer Broschüre, in der alle steirischen Anlaufstellen für Betroffene und Angehörige gesammelt aufgelistet sind.
  • Fachvorträge von und für Ärzt*innen
  • Fortbildungsveranstaltungen und Supervisionsgruppen für verschiedene Berufsgruppen mit Schwerpunkten auf traumainformierte Behandlung sowie die Auswirkungen neuer Medien auf die Erkrankungen
  • Erstellung eines Peergruppen-Konzepts (Betroffene unterstützen Betroffene)
  • „Train the Trainer“ für Workshopleiter*innen
  • Errichtung einer digitalen Informationsplattform
  • Außerdem wird ein Schwerpunkt auf Social Media gelenkt. Einerseits werden diese aktiv genutzt, um Informationen zu verbreiten. Weiters werden spezielle Workshops über die Auswirkungen der sozialen Medien auf das Krankheitsbild Essstörung angeboten.

„Prävention von Essstörungen“ in Volksschulen – VIVID Fachstelle für Suchtprävention

Im Rahmen des Schwerpunktprojekts Mädchen- und Frauengesundheit widmet sich auch VIVID – Fachstelle für Suchtprävention im Auftrag des Gesundheitsfonds Steiermark dem Thema Essstörungen. VIVID setzt mit Prävention bereits in der Volksschule an. In Workshops mit Schüler*innen wird besprochen, wie Schönheit und Körper in Sozialen Medien dargestellt werden. Ein Arbeitsmanual für den Unterricht unterstützt Lehrpersonen dabei, Lebenskompetenzen in ihren Klassen zu fördern. Auch Eltern werden eingebunden, da sie wichtige Vorbilder sind. Mich und meinen Körper zu mögen, wird so nachhaltig im Schulalltag verankert. Dies beugt Essstörungen vor.

Fortbildungsprogramm im Rahmen des Projekts „DeESSkalation“

Nachstehend einige der Termine, die sich primär an Fachkräfte richten.

Vernetzungstreffen

  • Zielgruppe: Multiplikator*innen, die mit Menschen arbeiten, die von Essstörungen betroffen sein könnten (Fachkräfte aus dem Gesundheitsbereich, Lehrer*innen, Jugendarbeiter*innen, Schulsozialarbeiter*innen, …)
  • Inhalt: Teil des Programms sind Vorträge zu den Themen „Trauma und Essstörungen“ sowie „traumasensible Essstörungstherapie im LeLi Tageszentrum“).
  • Termin: Freitag, 20. Oktober 2023, 9 bis 13.15 Uhr Vernetzungstreffen, danach gemütliches Beisammensein anlässlich des 2-Jahres-Jubiläums von Leli
  • Ort: Reininghauspark 9 (Gemeinschaftsraum Q6), 8020 Graz
  • Organisation, Anmeldung und Information: Frauengesundheitszentrum, [email protected]

Kompetenzgruppe Essstörungen

  • Zielgruppe: Fachkräfte aus dem Bereich der Kinder- und Jugendhilfe
  • Inhalt: Bei diesen Supervisionen gibt es die Möglichkeit zu Fallbesprechungen. Außerdem werden spezifische Schwerpunktthemen wie Motivationsaufbau oder bestehende Versorgungsstrukturen behandelt.
  • Referentin: Stefanie Gruber
  • Termine: 21. November 2023 (11:30 bis 13:30 Uhr), 12. Dezember 2023 (10 bis 12:00 Uhr)
  • Ort: Drogenberatung des Landes Steiermark

 

Fortbildung: „Spieglein, Spieglein – Schönheitsideale, Essprobleme und Selbstvertrauen bei Mädchen und jungen Frauen“

  • Zielgruppe: Multiplikator*innen, die mit Mädchen arbeiten (Lehrer*innen, Jugendarbeiter
    innen, Schulsozialarbeiter*innen, …)
  • Inhalte: Im Kurs wird besprochen, welchen Einfluss Schönheitsideale und Körpernormen auf Mädchen und Frauen haben und wie man das Selbstbewusstsein von ihnen stärken kann. Es wird auch auf Essprobleme eingegangen und thematisiert, was man bei dem Verdacht auf eine Erkrankung tun kann.
  • Referentin: Jutta Eppich
  • Termin: 8. Februar 2024, 15 bis 18 Uhr
  • Ort: Frauengesundheitszentrum Graz (Joanneumring 3, 8010 Graz)
  • Für April und Mai sind in weiteren Regionen der Steiermark Termine geplant.

Workshop Thinspiration – Zur Wechselwirkung digitaler Medien und der Entstehung bzw. Aufrechterhaltung von Essstörungen

  • Zielgruppe: Pädagog*innen, Psycholog*innen, Psychotherapeut*innen, Diätolog*innen, Lehrer*innen
  • Inhalte: Themen sind Social Media und psychische Gesundheit sowie die Prävention und Intervention in Hinblick auf Mediennutzung
  • Referent: Lukas Wagner
  • Termine: 16. Februar 2024 (9 bis 13 Uhr), 05. Juni 2024 (9 bis 13 Uhr)
    Ort: Graz, der  genaue Ort wird noch bekannt gegeben

Mehr zu Leli

Vor zwei Jahren wurde „Leli – das Tageszentrum für Menschen mit Essstörungen“ in Reininghaus eröffnet. Es ist ein Projekt von LebensGroß – finanziert von der Stadt Graz und dem Gesundheitsfonds Steiermark. Leli war und ist das einzige Tageszentrum seiner Art in Österreich und die Nachfrage ist nach wie vor ungebrochen. Rechnete man zu Projektbeginn mit 80 Teilnehmer*innen pro Jahr, so werden tatsächlich rund 225 Teilnehmer*innen und deren Angehörige jährlich am Standort begleitet. Nina Baumgartner, Leiterin von Leli, erläutert: „Das Besondere an Leli ist, dass wir Menschen mit Essstörungen maßgeschneiderte und individuelle Therapie-Programme in unterschiedlichen Phasen anbieten. Wir unterstützen, um einen stationären Aufenthalt zu vermeiden oder um nach der Zeit in einer Klinik wieder in den Alltag zurückzufinden. Auch die Angehörigen finden bei uns Ansprechpersonen.“

Gestartet hat Leli mit sieben Mitarbeiterinnen, mittlerweile arbeiten 12 Personen im interdisziplinären Team – eine davon begleitet Betroffene seit Kurzem auch mobil in deren Zuhause.

Leli in Zahlen (Juli 2021 bis Juni 2023):

  • 551 Menschen haben sich an LeLi gewandt
  • 388 Erstgespräche mit betroffenen Personen
  • 116 Teilnehmer*innen, die laufend in Betreuung sind
  • 40 Personen auf der Warteliste
  • 157 Personen haben die Begleitung bei Leli bereits beendet
  • 168 Angehörige sind im Verteiler für Workshops und Angehörigenabende
  • 29 Informationsveranstaltungen haben bisher stattgefunden