Finale der Endometriose-Bezirkstour

Ein Jahr lang hat die Bezirkstour des Gesundheitsfonds Steiermark in Kooperation mit dem Dachverband der Steirischen Frauen- und Mädchenberatungsstellen dazu beigetragen, das Bewusstsein für Endometriose zu stärken und den Weg zur Diagnose zu erleichtern. Die Tour mit dem Film „nicht die regel“ und den Podiumsdiskussionen war in allen steirischen Bezirken zu Gast. Am 12. September 2024 fand der letzte Termin in Fohnsdorf statt.

Laut Schätzungen leidet jede 10. Frau im fortpflanzungsfähigen Alter unter Endometriose . Je höher das Bewusstsein und der Bekanntheitsgrad der Erkrankung ist, desto früher kann sie erkannt werden. Mit der Bezirkstour hat der Gesundheitsfonds Steiermark in Kooperation mit dem Dachverband der Steirischen Frauen- und Mädchenberatungsstellen im letzten Jahr einen sehr großen Beitrag dazu geleistet. Zwölf Veranstaltungen wurden in den steirischen Bezirken organisiert, rund 700 Personen waren dabei im Publikum. 39 Expertinnen und Experten (Gynäkologie, Selbsthilfe, Diätologie etc.) vermittelten ihr Wissen bei den Podiumsdiskussionen.

Neues Versorgungsangebot und breit gefächertes Infoangebot

Neben der Bewusstseinsbildung hat die Bezirkstour auch zu weiteren konkreten Outputs geführt. So wurden für jeden Bezirk Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner in unterschiedlichen Fachdisziplinen (Gynäkologie, Diätologie, Beratungsstellen etc.) auf www.gesund-informiert.at/endometriose aufbereitet und es hat sich eine weitere Selbsthilfegruppe (neben der bestehenden mit Fokus auf Graz und Umgebung) im Bezirk Murau gegründet. Das Reha-Zentrum Bad Aussee führt seit April 2024 in seinem spezialisierten Rehabilitations-Schwerpunkt „Erkrankungen des Verdauungstraktes“ Patientinnen mit Zustand nach Endometriose als spezielle Zielgruppe auf. Das Angebot wurde im Rahmen eines Bezirkstour-Termins in Liezen bekannt gemacht. Darüber hinaus wurde das Thema Endometriose in die Gesundheitsberichterstattung integriert. Für das Projekt läuft derzeit eine Evaluierung, basierend auf den Ergebnissen erfolgt die künftige Maßnahmenplanung.

Bewusstsein für Endometriose stärken

„Wir arbeiten intensiv daran, die Gesundheitsversorgung noch weiter zu verbessern. Die Endometriose-Bezirkstour hat dazu beigetragen, dass sowohl das Versorgungsangebot als auch das Bewusstsein und das Informations- und Beratungsangebot für Endometriose ausgebaut wurde“, freut sich Gesundheitslandesrat Karlheinz Kornhäusl.

„Endometriose betrifft viele Frauen, doch der Weg zur Diagnose ist oft lang und belastend. Umso wichtiger ist es, dass Betroffene frühzeitig Zugang zu den richtigen Informationen und Behandlungsoptionen erhalten. Mit Initiativen wie dieser Bezirkstour schaffen wir mehr Bewusstsein für die Erkrankung und unterstützen betroffene Frauen dabei, schneller die passende Hilfe zu finden“, sagt Vinzenz Harrer, Landesstellenausschuss-Vorsitzender der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) in der Steiermark.

Endometriose Murtal

v.l. Christine Greiner (Physiotherapeutin), Michaela Jančárová (Selbsthilfegruppe), Anny Lori Sperl (NOVOM), Ursula Sevelda (Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Graz), Monika Wölfler (LKH-Univ. Klinikum Graz)

© Julia Reiter / Gesundheitsfonds

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Menstruationsbericht zeigt noch großes Potenzial auf

Am 12. September 2024 fand der letzte Termin der Bezirkstour statt, der Dokumentarfilm „nicht die regel“ wurde in Fohnsdorf gezeigt. Monika Wölfler, Leiterin der Universitären Kompetenzeinheit Endometriose am LKH-Univ. Klinikum Graz, war dabei eine der Expertinnen am Podium. „Ich finde es sehr wichtig und hilfreich, dass diese Bezirkstour stattgefunden hat und Dinge in Bewegung gekommen sind. Nun gilt es, für die Betroffenen eine gute Versorgung in den Regionen zu erreichen und weiter auszubauen.“ Wölfler betonte aber auch: „Weitere Aufklärungsarbeit und Projekte sind sicher erforderlich vor dem Hintergrund des aktuellen Menstruationsgesundheitsberichtes des Gesundheitsministeriums“, verwies sie auf die kürzlich veröffentlichten Zahlen. Umso wichtiger daher auch Versorgungsangebote wie jenes am LKH-Univ. Klinikum Graz. Das Endometriosezentrum bietet Abklärung, Operationen und medikamentöse Behandlungen und hilft bei unerfülltem Kinderwunsch weiter. Möglichst frühzeitige Abklärung ist ein immens wichtiger Faktor, betont Wölfler.  „Regelschmerzen, die immer die Einnahme von Schmerzmitteln erforderlich machen, dürfen nicht die Regel sein und müssen abgeklärt und behandelt werden.“

Operative Behandlung für komplexe Endometriosefälle

Im engen Austausch mit dem LKH-Univ. Klinikum Graz ist Ursula Sevelda, Leiterin der Endometriose Ambulanz der Barmherzigen Brüder in Graz. „Wir besprechen monatlich in einem Endometriose-Board gemeinsam schwierige Fälle.“ Sevelda hat acht Jahre lang mit dem weltweit renommierten Endometriose-Experten Gernot Hudelist zusammengearbeitet und ist seit einem Jahr im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Graz tätig. Der Fokus liegt im Bereich der Ultraschalldiagnostik und minimal-invasiven Endometriose-Operationen. „Betroffene können sich an uns wenden, wenn der betreuende Frauenarzt oder die betreuende Frauenärztin den Verdacht einer Endometriose gestellt hat und bisherige Behandlungen nicht den gewünschten Erfolg gebracht haben. Wir bieten Diagnostik und vor allem operative Behandlungen an, auch für komplexe Fälle mit Darm- oder Blasenbeteiligung“, erläutert die Expertin. Sie will den Endometriose-Schwerpunkt am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder weiter ausbauen.

Schmerzen lindern durch Osteopathie

Auch Osteopathie kann Beschwerden bei Endometriose lindern, bestätigt Christine Greiner, Physiotherapeutin und Osteopathin. „Wichtig ist, dass Betroffene verstehen, wie ihre Schmerzen entstehen und was sie selbst zur Linderung beitragen können, um einen aktiven Umgang mit der Erkrankung und die Selbstwirksamkeit zu fördern. In der Osteopathie werden nach einem ausführlichen Gespräch stets der gesamte Körper, die Wirbelsäule und die Organe untersucht. Die Behandlung wird dann individuell an die Patientin, deren Ziele und Bedürfnisse angepasst und ist daher sehr verschieden. Viszerale Techniken, also die Behandlung von Organen, kommen zum Beispiel dann zum Einsatz, wenn es Verklebungen im faszialen Bereich gibt, was bei vielen Endometriose-Betroffenen der Fall ist und Auswirkungen im gesamten Körper haben kann. Ein weiterer Ansatz wäre die Atmung, denn wenn man andauernd Schmerzen hat, wird die Atmung unbewusst flacher, wodurch sich das Zwerchfell weniger bewegt und die darunterliegenden Organe schlechter versorgt werden. Individuell abgestimmte Übungen für zu Hause sorgen in Kombination mit der Behandlung für bestmögliche Voraussetzungen zur Linderung von Beschwerden“, erklärt die Expertin.

Eine Übersicht zu Physiotherapeutinnen und -therapeuten, die sich mit Endometriose beschäftigen, ist auf www.gesund-informiert.at/endometriose zu finden.

Resümee nach einem Jahr Endometriose-Bezirkstour

Positive Bilanz zieht Anny Lori Sperl, Geschäftsführerin von NOVUM – Zentrum für Frauen und Mädchen. „Durch die Filmvorführungen inkl. Podiumsdiskussionen konnten über 700 Personen in 12 steirischen Bezirken erreicht werden. Durch die Podiumsdiskussionen hat sich gezeigt, dass interdisziplinäre Ansätze einen wichtigen Rund-Um-Blick für betroffene Frauen und Mädchen bieten, dennoch kam häufig der Wunsch aus dem Publikum, Mädchen mehr in die Thematik miteinzubeziehen.“ Auch das Bild über die Endometriose-Versorgungslandschaft sein nun klarer. Und: „Einige Akteurinnen und Akteure haben ihr Angebot im Anschluss an die Veranstaltung in Bezug auf die Endometriose Versorgung erweitert, so beispielsweise das Reha-Zentrum in Bad Aussee, dass nun offiziell als stationäre Anlaufstelle gelistet ist. Finanzielle Fragen konnten durch Experten der ÖGK geklärt werden und es gibt für Endometriose-Betroffene die Möglichkeit, die Pille auf ein Kassenrezept zu bekommen, was zu erheblichen finanziellen Entlastungen führen kann.“ Sperl freut sich, dass die Veranstaltungsreihe zu mehr Bewusstsein und auch etwas zum Enttabuisieren der Thematik beigetragen hat. Auch habe sich gezeigt, „wie immens wichtig es ist, dass Mädchen- und Frauenthemen – nicht nur im urbanen Bereich platziert werden, sondern insbesondere auch in die ländlichen Regionen getragen werden“, so Sperl, die auch Obfrau des Dachverbands der Steirischen Frauen- und Mädchenberatungsstellen ist.

Selbsthilfegruppe für Betroffene

Michaela Jančárová ist selbst Endometriose-Betroffene und engagiert sich in der steiermarkweiten Selbsthilfegruppe für Frauen mit Endometriose. Ein stärkeres Bewusstsein für Endometriose in der Öffentlichkeit ist ihr dabei ein wichtiges Anliegen. „Endometriose muss noch viel bekannter werden, damit die Menschen realisieren, dass Regelschmerzen nicht selbstverständlich sind. Auch in den Ausbildungen von Ärztinnen und Ärzten sollte Endometriose noch stärker Thema sein.“ In der Selbsthilfegruppe stärken sich die Mitglieder*innen gegenseitig und unterstützen sich beim Leben mit der Erkrankung. Es gibt regelmäßige Treffen (online und offline), auch über Messenger-Dienste erfolgt ein Austausch, etwa über empfehlenswerte Therapiemöglichkeiten, Symptom-Management oder auch Ernährungsempfehlungen.

  • Auf Instagram ist die Selbsthilfegruppe unter @endoheroes.stmk zu finden.