Neues Angebot: Drug-Checking für mehr Sicherheit im Umgang mit Drogen
Wer Drogen konsumiert, setzt sich hohen Risiken aus. Die gesündeste und sicherste Variante ist zweifelsohne, auf Drogen zu verzichten. Eine suchtfreie Gesellschaft ist allerdings eine Utopie. Internationale Erfahrungen zeigen, dass eine Substanz-Analyse mittels Drug-Checking Risiken minimieren kann – und vor allem eine niederschwellige Kontaktmöglichkeit mit Drogenkonsument*innen ist. In Graz gibt es nun erstmals ein Drug-Checking-Projekt namens „Triptalks“. Es wird vom Caritas Kontaktladen in Zusammenarbeit mit der Med Uni Graz durchgeführt, vom Gesundheitsfonds Steiermark finanziert und von der Stadt Graz unterstützt.
Drug-Checking bedeutet, dass Drogen wissenschaftlich analysiert werden, um ihre Zusammensetzung zu überprüfen. Erstmals ist Drug-Checking nun auch in Graz möglich – anonym und kostenlos. Es handelt sich bei „Triptalks“ um ein Gemeinschaftsprojekt von Gesundheitsfonds Steiermark sowie Stadt Graz und Caritas Steiermark.
Drug-Checking als niederschwellige Kontaktmöglichkeit
„Wir setzen in der Steiermark vielschichtige Maßnahmen zur Prävention und Behandlung von Suchterkrankungen, aber auch zur Schadensminimierung – vollkommen verhindern können wir Drogenkonsum nicht. Drug-Checking hilft, vor besonders schädlichen Präparaten zu warnen; es ist eine niederschwellige Kontaktmöglichkeit mit Konsumentinnen und Konsumenten und damit auch ein möglicher erster Schritt im Weg aus der Sucht, was Erfahrungen aus Wien und Innsbruck bestätigen“, sagt Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß.
Schutz und Monitoring
„Menschen die illegalisierte Substanzen, manchmal auch in Kombination mit legalen Substanzen, konsumieren, wissen oft nicht wie sich dies auswirkt und um welche Wirkstoffkonzentrationen es sich überhaupt handelt. Um diese Menschen zu schützen, gibt es mit Triptalks und dem Drug-Checking nun ganz wichtige Angebote des Caritas Kontaktladen – anonym, freiwillig, kostenlos, rasch und unbürokratisch. Zugleich ist das Angebot von Drug-Checking ein wichtiges Monitoring-Instrument, um vor besonders gefährlichen Substanzen warnen zu können“, so Gesundheitsstadtrat Robert Krotzer.
Präsentation des Drug-Checking-Angebots mit Harald Ploder (Leiter Caritas Kontaktladen), Robert Krotzer (Gesundheitsstadtrat), Juliane Bogner-Strauß (Gesundheitslandesrätin), Martin Schmid (pharmazeutischer Chemiker und wissenschaftlicher Begleiter des Projekts)
Credit: Caritas
Überblick und Analyse
„Der Gesundheitsfonds Steiermark finanziert die Kosten der chemischen Analysen. Die Analysen helfen dabei, einen Überblick über die Lage des Drogenkonsums in der Steiermark zu erhalten und dies in der Weiterentwicklung der Versorgungsangebote zu berücksichtigen“, erläutert Michael Koren, Geschäftsführer des Gesundheitsfonds Steiermark.
Trends erkennen und Stoffe identifizieren
Martin Schmid, pharmazeutischer Chemiker und wissenschaftlicher Begleiter des Projekts erklärt: „Die chemische Untersuchung von Drogen auf ihre Inhaltsstoffe und deren Reinheitsgehalte ist wissenschaftlich relevant, weil so neue Trends rechtzeitig erkannt werden können. In den letzten 15 Jahren ist die Anzahl von sogenannten Neuen Psychoaktiven Substanzen weltweit stark angestiegen. Diese Drogen sind leicht über das Internet erhältlich und erwecken den Anschein harmlos zu sein. Über Wirkung und Nebenwirkungen ist aufgrund der Neuheit kaum etwas bekannt. Mein Forschungsgebiet richtet sich genau auf die Identifizierung dieser Stoffe aus, was für das Projekt neben der Analytik klassischer Drogen bedeutsam sein wird.“
Sicherheit und umfassende Beratung
Harald Ploder, Leiter Kontaktladen und Streetwork im Drogenbereich der Caritas, betont: „Unser Drug-Checking -Angebot richtet sich an alle Menschen, die illegalisierte Substanzen konsumieren – unabhängig davon, wie häufig oder wie intensiv. Informationen zur Dosierung und etwaigen Verunreinigungen von psychoaktiven Substanzen sind enorm wichtig, um mögliche Risiken zu minimieren. Nur wer über die Zusammensetzung seiner Substanzen informiert ist, kann eine möglichst sichere Dosierung und eine möglichst sichere Konsumform wählen – oder gegebenenfalls verzichten, wenn es zu gefährlich wird. Werden bei den chemischen Analysen besonders gefährliche Substanzen gefunden, veröffentlichen wir dazu entsprechende Warnungen, um auch andere potentielle Gebrauchende zu informieren und zu schützen. Unser Drug Checking Angebot geht Hand in Hand mit einer umfassenden Beratungsmöglichkeit.
Wie funktioniert Drug-Checking über das Projekt „Triptalks“ in Graz?
Die Konsument*innen können Proben im Caritas Kontaktladen anonym abgeben. Danach kommen die Proben zur Untersuchungsstelle (Universität Graz, Pharmazeutische Wissenschaften/Pharmazeutische Chemie bzw. Diagnostik- & Forschungsinstitut für Gerichtliche Medizin der Med Uni Graz) zur Analyse. Ausgewertet werden die Ergebnisse der Untersuchung von Martin Schmid und Manfred Kollroser. Beide sind seit mehr als zehn Jahren auf dem Gebiet der Arzneimittel- und Suchtmittelanalytik tätig und werden über Gerichtsaufträge laufend zu Befunden und Sachverständigengutachten herangezogen.
Die Konsument*innen erhalten nach der Analyse anonym das Ergebnis (wieder über den Caritas-Kontaktladen).
Im Zuge dessen gibt es u. a. Beratungsgespräche und Klient*innen füllen einen Fragebogen zu ihrem Suchtverhalten aus. Die Streetworker nutzen den niederschwelligen Kontakt, um eine Beziehung mit den Konsument*innen aufzubauen und sie für die Folgeschäden des Drogenkonsums zu sensibilisieren. Auch ermöglichen die Rückmeldungen/Fragebögen ein entsprechendes Monitoring und es können Rückschlüsse über den Drogenkonsum in der Steiermark gezogen werden. Der Caritas Kontaktladen kooperiert auch eng mit Suchthilfeeinrichtungen.
Der Caritas Kontaktladen meldet die Ergebnisse dann auch an das Gesundheitsministerium als zuständige nationale Behörde des europäischen Early Warning Systems (EWS).
Warum Drug-Checking?
Bei Drogen – vor allem bei Partydrogen wie Ecstasy, LSD, Speed, Kokain – besteht immer die Gefahr von Überdosierungen und Verunreinigungen. Dies kann im schlimmsten Fall zum Tod führen. Drug-Checking bietet Konsument*innen die Möglichkeit, diese Risiken zu reduzieren. Die Einnahme von Neuen Psychoaktiven Substanzen ist bedingt durch fehlende klinische Studien ebenfalls sehr bedenklich. Diese neuen Drogen können identifiziert und das wenige vorhandene Wissen dem/der Konsumenten*in weitergegeben werden.
Internationale Drug-Checking-Projekte
Kooperationspartner für das Drug-Checking-Projekt in der Steiermark ist das bereits über 20 Jahre laufende Projekt check-it der Uni Wien sowie die das Projekt Z6 der Uni Innsbruck . Beide Projekte zeigen sehr positive Erfahrungswerte. Europaweit wird Drug-Checking u. a. in den Niederlanden, der Schweiz, in Belgien, Frankreich, Italien, Großbritannien und Portugal umgesetzt. Internationale Erhebungen bestätigen die Wirksamkeit. Eine Umfrage zum Thema Drug-Checking in Berlin hat ergeben, dass über 90 Prozent der Konsument*innen im Fall eines sehr hohen Wirkstoffgehalts der Probe weniger einnehmen würden, um Überdosierung zu vermeiden. Bei Verunreinigung mit einer unerwarteten Substanz würde über 60 Prozent die Substanz komplett verwerfen. Eine Studie aus der Schweiz zeigt, dass es nach der Einführung von Drug-Checking-Angeboten einen Rückgang des Konsums gab (Quelle: Ärzteblatt).