Wie lassen sich Gesundheitskompetenz und Chroniker*innen-Versorgung gemeinsam verbessern?
Alle 50 Minuten stirbt in Österreich ein Mensch an den Folgen einer Diabetes-Erkrankung. Leider wird das Risiko oft unterschätzt, weil ein hoher Blutzucker lange keine Beschwerden verursacht. Viele Betroffene wissen nicht einmal, dass sie krank sind. Dabei können Folgeschäden und Todesfälle durch eine frühzeitige Behandlung vermieden werden. Eine vom Gesundheitsfonds Steiermark initiierte neue Ausbildung setzt genau hier an und hilft dabei. Wie konkret dadurch Lebensqualität und Gesundheitskompetenz der Patient*innen gefördert werden kann, zeigt zum Beispiel das Gesundheitszentrum Weiz.
Rund ein Drittel (38,3 Prozent) aller Österreicher*innen über 15 Jahre leben mit einer chronischen Erkrankung wie zum Beispiel Diabetes. Chronische Erkrankungen haben häufig nicht nur eine Ursache und ihr Verlauf kann selten genau vorhergesagt werden. Um Betroffenen ein gutes Leben mit ihrer Erkrankung zu ermöglichen, ist eine langfristige und engmaschige Begleitung das Um und Auf.
Mit den neuen Gesundheitszentren (auch „Primärversorgungszentren“ genannt), schafft die Steiermark eine wichtige Voraussetzung, um die wohnortnahe Versorgung von chronisch kranken Steirer*innen weiter zu verbessern. Dort arbeiten Hausärzt*innen, Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe – zum Beispiel Physiotherapie oder Ernährungsberatung – eng zusammen. Die Patient*innen bekommen die optimale Betreuung unter einem Dach. Herbert Ederer ist einer von drei Hausärzt*innen im Gesundheitszentrum Weiz und seit über 25 Jahren Pionier in der Versorgung chronisch kranker Patient*innen: „Die qualitätsvolle Betreuung von Langzeitkranken ist besonders wichtig. Die frühzeitige Versorgung spart den Menschen viel Leid und dem Gesundheitssystem hohe Kosten.“
Einzigartige Ausbildung „Pflege in der Primärversorgung“
Eine gute pflegerische Versorgung verbessert die Ergebnisse in der Behandlung von chronisch kranken Menschen – dies belegen verschiedene Studien. Die neue Ausbildung „Pflege in der Primärversorgung“ setzt genau hier an. Grundlage für die Ausbildung bilden speziell entwickelte und strukturierte Behandlungsprogramme für verschiedene chronische Krankheitsbilder (sog. „Disease Management Programme“). Eine der ersten Absolvent*innen der neuen Ausbildung ist die diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin Melanie Mayer. Sie kümmert sich im Gesundheitszentrum Weiz vor allem um Diabetiker*innen und managt die Detektion, Frühdiagnostik und Schulungen.
Chroniker*innen-Versorgung verbessern
Alle drei Monate werden die Patient*innen zur Blutabnahme bestellt und die Ergebnisse mit ihnen genau besprochen. Einmal im Jahr ist eine umfassende Gesunden-Untersuchung wichtig. Bei allem wird in enger Abstimmung mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt gearbeitet. „Es ist wichtig, den Blutzucker gut einzustellen und regelmäßig zu kontrollieren. Auch die Niere und Füße müssen angeschaut werden. Unsere Patientinnen und Patienten sind sehr dankbar, dass wir uns um die Organisation von Kontrolluntersuchungen kümmern und fühlen sich entlastet“, erklärt Mayer.
Programme für Diabetes, Bluthochdruck, COPD, Osteoporose und Depression
Im Gesundheitszentrum Weiz sind derzeit Patient*innen mit Diabetes, Bluthochdruck, COPD, Osteoporose und Depressionen in die Chroniker*innen-Programme eingeschlossen. Die meisten Patient*innen kommen mit Bluthochdruck, derzeit sind aber auch rund 500 Diabetiker*innen in Betreuung.
Die feste Struktur des Behandlungsplans mit regelmäßigen Terminen und Kontrolluntersuchungen ist eine wichtige Orientierung für Patient*innen und Ärzt*innen. „So können wir die Behandlung messen und überprüfen. Auch unsere Patientinnen und Patienten freuen sich, wenn sie ihre Therapieziele erreichen und sind motiviert weiter zu machen“, betont Ederer.
Gesundheitskompetenz sorgt für mehr Lebensqualität von Chroniker*innen
Für immer krank zu sein bedeutet, den Alltag trotz Einschränkungen zu bewältigen, mit Höhen und Tiefen sowie mit Schmerzen und Stress umzugehen. Betroffene sind nahezu täglich mit Situationen und Entscheidungen konfrontiert, die sich auf ihre Gesundheit auswirken: Angefangen von der Medikamenteneinnahme bis hin zur Entscheidung, was gegessen wird.
Der etwas sperrige Begriff „Gesundheitskompetenz“ bedeutet, dass Menschen dazu in der Lage sind, wichtige Gesundheits-Informationen zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und anzuwenden, um gute Entscheidungen für ihre Gesundheit zu treffen. „Es ist extrem wichtig, dass Patientinnen und Patienten auch selbst gut über ihre Erkrankung Bescheid wissen. Wir bieten Schulungen für Diabetes, Bluthochdruck und COPD. Auch in der Ordination nehmen wir uns bewusst Zeit, die Menschen persönlich aufzuklären und einzuschulen – zum Beispiel mit dem Blutzuckergerät“, erklärt die diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin Mayer.
Durch die spezielle Ausbildung ist Mayer jetzt besser mit den Berufskolleg*innen in den anderen Gesundheitszentren und Ordinationen vernetzt und es wird sich regelmäßig über Probleme ausgetauscht. Ebenso hat sie einen besseren Überblick über die verschiedenen Angebote zur Förderung der Gesundheitskompetenz und Gesundheitsförderung und kann die Instrumente besser in der Betreuung von chronisch kranken Patient*innen einsetzen. „Durch die Betreuung habe ich gelernt, meine Krankheit besser zu verstehen und selbst in die Hand zu nehmen. Regelmäßige Besuche beim Arzt, eine gesunde Ernährung und ein bisschen mehr Bewegung helfen mir, gut mit Diabetes zu leben. Ich fühle mich nicht mehr als Opfer, sondern habe meine Krankheit im Griff“, sagt G. Knietl, Diabetes-krank und Patientin im Gesundheitszentrum Weiz.
Eine vom Gesundheitsfonds Steiermark initiierte neue Ausbildung hilft dabei, Lebensqualität und Gesundheitskompetenz von chronisch kranken Steirer*innen zu verbessern. Wie konkret das funktioniert, zeigt zum Beispiel das Gesundheitszentrum Weiz.
Credit: Gesundheitszentrum Weiz