Digitale Gesundheitskompetenz stärken

Die neue Checkliste für Gesundheits-Apps hilft dabei, vertrauenswürdige Apps in den Bereichen Ernährung, Bewegung, Symptomchecker und mentale Gesundheit zu finden. Sie ist eine wichtige Maßnahme zur Stärkung der digitalen Gesundheitskompetenz, die auch für die weitere Digitalisierung im Gesundheitswesen ein zentraler Faktor ist.

Für Personen unter 60 Jahren sind digitale Medien die häufigste Informationsquelle zu gesundheitlichen Themen. Auch in der Gesundheitsversorgung spielen digitale Lösungen eine immer wichtigere Rolle, um die Versorgungsqualität zu verbessern. „Digital vor ambulant vor stationär“ ist ein zentraler Grundsatz der neuen §15a-Vereinbarung. Unerlässlich dafür ist das Stärken der Gesundheitskompetenz, das ebenfalls als Ziel in der neuen Vereinbarung zur Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens zwischen Bund und Ländern vereinbart ist. Dieser widmet man sich auch beim Austrian Health Forum in Schladming vom 23. bis 25. Mai 2024.

Digitale Vorreiterrolle

Gesundheitslandesrat Dr. Karlheinz Kornhäusl: „Die Steiermark hat eine digitale Vorreiterrolle und mit unseren erfolgreichen Programmen wie HerzMobil oder Teledermatologie haben wir ein hervorragendes Angebot, um die Gesundheit der Patientinnen und Patienten zu verbessern. Mit dem weiteren Ausbau von digitalen Gesundheitslösungen bieten wir aber nicht nur ein zusätzliches medizinisches Angebot, sondern wir entlasten auch unser Gesundheitspersonal. Darüber hinaus ermöglichen digitale Gesundheitslösungen auch eine bessere Versorgung in allen steirischen Regionen. Egal wo jemand lebt, die Gesundheitsversorgung darf keinen Unterschied machen.“

Klubobmann Hannes Schwarz: „In einer Welt, in der digitale Technologien unsere Gesundheitsversorgung revolutionieren, ist es entscheidend, dass jede und jeder Einzelne die Fähigkeit erhält, diese Ressourcen effektiv zu nutzen. Unsere neue Checkliste für Gesundheits-Apps ist ein wesentlicher Schritt, um sicherzustellen, dass unsere Bürgerinnen und Bürger vertrauenswürdige und nützliche Tools in die Hände bekommen.“

Digitale Gesundheitskompetenz

v.l. Hannes Schwarz (Klubobmann), Sandra Marczik-Zettinig (Gesundheitsfonds Steiermark), Karlheinz Kornhäusl (Gesundheitslandesrat), Angelika Rzepka (AIT Austrian Institute of Technology GmbH)
© Land Steiermark/Binder

Gut informierte Entscheidungen treffen

Gesundheitskompetenz ist die Fähigkeit, im Alltag Entscheidungen zu treffen, die gut für unsere Gesundheit sind. Dafür braucht es Informationen darüber, was gesund ist und was nicht und welche Behandlungen bei Krankheiten helfen. Menschen, die diese Informationen finden, verstehen, beurteilen und anwenden können, sind „gesundheitskompetent“ und können gut informierte Entscheidungen treffen. Auch die Orientierung im Gesundheitssystem ist dabei ein wichtiger Aspekt.

Digitale Gesundheitskompetenz stärken

Sandra Marczik-Zettinig, Geschäftsführer-Stv. des Gesundheitsfonds Steiermark: „Wir setzen im Rahmen von ‚Gesund informiert‘ zahlreiche Maßnahmen um, die zur Stärkung der Gesundheitskompetenz beitragen. Die Website www.gesund-informiert.at mit vertrauenswürdigen Infos zu vielen verschiedenen Gesundheitsthemen ist dabei die zentrale Informationsplattform, auch ein eigener Podcast wird angeboten. Mit der neuen Checkliste für Gesundheits-Apps unterstützen wir nun auch bei der Auswahl von vertrauenswürdigen Gesundheits-Apps.

Neu: Untersuchung von 40 Gesundheits-Apps

Wenn es um die persönliche Gesundheitsförderung geht, spielen Apps eine immer größere Rolle. Die passende App für die eigenen Bedürfnisse zu finden ist gar nicht so einfach. Gemeinsam mit dem AIT Austrian Institute of Technology GmbH hat der Gesundheitsfonds Steiermark im Jahr 2023 40 Gesundheits-Apps untersucht. Davon jeweils zehn Apps in den folgenden Kategorien: Ernährung, Bewegung, Unterstützung der mentalen Gesundheit und Apps zum Überprüfen von Beschwerden. Unter den 37 Kriterien, die für die Analyse herangezogen wurden, waren Aspekte für Sicherheit, Qualitätssicherung, Funktionalität, evidenzbasierte Inhalte und Benutzer*innen-Freundlichkeit.

Checkliste hilft bei der Beurteilung

Das Ergebnis der Analyse ist eine Checkliste, die Nutzer*innen dabei hilft, die Vertrauenswürdigkeit von Gesundheits-Apps einzuschätzen. Diese steht online auf www.gesund-informiert.at/gesundheits-apps zum digitalen Ausfüllen bereit und kann auch als PDF heruntergeladen werden.

Unterschied zwischen Gesundheits-Apps und eHealth-Lösungen

Angelika Rzepka, Scientist im Bereich „Digital Health Information Systems“ im Center for Health and Bioresources des AIT Austrian Institute of Technology GmbH: „Die Auseinandersetzung mit der Evaluierung von Gesundheits-Apps hat uns gezeigt, wie komplex das Thema digitale (App-)Lösungen im Gesundheitswesen ist. Apps sind volatil – oft gibt es eine App schon zwei Wochen nach deren Recherche nicht mehr.“ Die Forscherin erläutert, dass die entwickelte Checkliste auf den Bewertungskriterien basiert, die in der Evaluierung der 40 Apps am häufigsten nicht erfüllt wurden. „Ein Check dieser Kriterien kann dabei helfen, gut informiert zu entscheiden, ob man diese App verwenden möchte oder nicht – denn die damit erfassten Daten sind genauso sensibel wie Gesundheitsdaten in ELGA.“ Rzepka geht dabei auch auf den wichtigsten Unterschied zwischen Gesundheits-Apps, die im Check analysiert wurden, und eHealth-Lösungen ein. Dieser besteht in der Infrastruktur dahinter. „Im Idealfall ist eine App ein Teil einer umfassenden eHealth Lösung und der Benutzer bzw. die Benutzerin kann auf das Versorgungsnetzwerk dahinter zugreifen.“

eHealth-Lösungen in der Steiermark

Digitale Lösungen bieten die Chance, die Gesundheitsversorgung nachhaltig zu verbessern und die Kosten zu reduzieren. Ziel ist es keineswegs, die persönliche Behandlung durch medizinisches Fachpersonal zu ersetzen, sondern durch digitale Lösungen die Patient*innen engmaschiger zu betreuen und eine qualitätsvolle Versorgung zu gewährleisten – auch in entlegenen Regionen.
Einige der laufenden eHealth-Projekte in der Steiermark:

  • HerzMobil Steiermark ist ein umfassendes Versorgungsprogramm, dass Patient*innen mit Herzinsuffizienz (Herzschwäche) Wege und Wartezeiten durch den Einsatz von Telemedizin erspart – bei gleicher Versorgungssicherheit. Die technische Basis wurde vom AIT Austrian Institute of Technology entwickelt und durch das Grazer Unternehmen telbiomed – ein Spin-off des AIT mit Fokus auf digitale Gesundheitsdienstleistungen – für die Versorgung zur Verfügung gestellt und serviciert. Derzeit wird daran gearbeitet, das HerzMobil-Programm mit niedergelassenen Netzwerksärzt*innen zu verstärken und in weiterer Folge vom Projektstatus in den Regelbetrieb überzuführen.
  • Beim Teledermatologie-Projekt haben Patient*innen die Chance, ihr dermatologisches Anliegen direkt mit den Hausärzt*innen zu besprechen (kein fachärztlicher Termin notwendig). Die Hausärzt*innen nehmen dazu über ein Tablet mit einem speziellen lichtmikroskopischen Aufsatz Bilder von der betroffenen Hautstelle auf, die verschlüsselt an Dermatolog*innen übertragen und von diesen analysiert werden. Das Projekt wird bereits erfolgreich in Leibnitz und Liezen umgesetzt. Derzeit wird am steiermarkweiten Rollout gearbeitet bzw.ist auch hier ist die Überführung in den Regelbetrieb das Ziel.
  • Zahlreiche weitere eHealth-Lösungen werden derzeit im Rahmen des Förderungscalls „Digital!Healthcare“ umgesetzt.

Details zur App-Analyse

Die Analyse der Gesundheits-Apps wurde vom AIT Austrian Institute of Technology GmbH im Jahr 2023 im Auftrag des Gesundheitsfonds Steiermark durchgeführt.

Methode:

  • Explorative Recherche als Basis für die Erarbeitung der Bewertungskriterien
  • Diskussion der so gesammelten Bewertungskriterien in einer Fokusgruppe
  • Priorisierung der Bewertungskriterien in einer Online-Umfrage
  • Evaluierung der so entstandenen Checkliste mit ausgewählten Apps
  • Explorativer Ansatz bei Auswahl der Apps
  • Ergebnisse: kurze Checkliste für Anwender*innen

Generelle Ergebnisse der App-Analyse

  • Viele Apps haben kein gesetzlich vorgeschriebenes Impressum oder es ist nur schwer zu finden.
  • Apps, die in mehreren Ländern verfügbar sind, erlauben oft die Weitergabe von Daten an Dritte. Das heißt, es kann sein, dass Ihre Daten auch außerhalb der Europäischen Union (EU) gespeichert werden.
  • Meistens wird nicht auf die Sensibilität von Gesundheitsdaten hingewiesen.
  • Es gibt Behauptungen in den Apps, für die es keine wissenschaftlichen Belege gibt. Zum Beispiel „Yoga zum Abnehmen“ oder „Menstruationskrämpfe lindern durch Atmen“. D.h. diese Behauptungen könnten also auch frei erfunden sein.
  • Viele Apps können nur mit kostenpflichtigem Abo vollumfänglich genutzt werden.

Anhand der Bewertung und einer Einschätzung von Fachexpert*innen entspricht keine der ausgewählten Apps voll und ganz den 37 Kriterien. Folgende Apps sind grundsätzlich aber positiv aufgefallen:

Kategorie Ernährung:

  • Die App feastr basiert auf den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Es gibt Warnhinweise für Personen mit bestimmten Erkrankungen oder Lebensumständen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
  • Auch die App My Swiss Food Pyramid hat in der Bewertung gut abgeschnitten. Nutzer*innen lernen die Schweizer Lebensmittelpyramide kennen, können ein Ernährungstagebuch führen und bekommen Rückmeldungen dazu.

Kategorie Bewegung:
Die App StepsApp fokussiert auf das Zählen von Schritten. Es gibt klare und verständliche Datenschutzerklärungen. Der Hersteller der App ist ein österreichisches Unternehmen mit Sitz in Graz.

Kategorie Symptomchecker:
Die App Ada – Check deine Gesundheit stellt Fragen zu Beschwerden. Mit Hilfe eines medizinischen Wörterbuchs werden die Antworten ausgewertet und mögliche Ursachen und Diagnosen angezeigt. Ada betont, keine medizinischen Diagnosen zu stellen.

Kategorie Mentale Gesundheit:
In der App Breeze: Mental Health gibt es ein umfangreiches Angebot an Kursen, Tests und Check-Ups zum Thema psychische Gesundheit. Es ist detailliert beschrieben, was in den Kursen angeboten wird und was die Ziele sind. Die App beinhaltet einen täglichen Stimmungstracker.

Umfrage zur Nutzung von Gesundheits-Apps

Zusätzlich wurde vom Austrian Institute for Technology eine Umfrage zur Nutzung von Gesundheits-Apps in Österreich durchgeführt. Diese zeigte u. a.:

  • 22 % der Befragten gaben an, dass sie mindestens einmal pro Woche eine Gesundheits-App verwenden.
  • Am häufigsten werden Gesundheits-Apps zur Unterstützung bei körperlicher Aktivität verwendet. Das gaben 38 % der Befragten an.
  • Der zweitwichtigste Grund für die Nutzung einer Gesundheits-App ist das Erreichen individueller Ziele bezgl. Gewichtsmanagement, also Abnehmen oder Zunehmen.

Hard Facts zur Digitalen Gesundheitskompetenz

Die Daten stammen aus der aktuellsten Erhebung der Gesundheitskompetenz in Österreich (Health Literacy Survey 2019-2021; HLS19), Siehe auch Factsheet.

Folgende Zahlen beziehen sich auf die Steiermark:

  • Für Personen unter 60 Jahren sind digitale Medien die häufigste Informationsquelle zu gesundheitlichen Themen (18-29-Jährige: 44 %; 30-59-Jährige: 48 %)
  • 47,5 % finden es schwierig oder sehr schwierig, zu beurteilen, ob hinter den angebotenen Informationen im Internet wirtschaftliche Interessen stehen.
  • 45,5 % finden es schwierig oder sehr schwierig zu beurteilen, wie vertrauenswürdig die gefundenen Informationen sind.
  • Gesundheitskompetenz wird in Werten von 0 bis 100 angegeben
  • Durchschnittliche digitale Gesundheitskompetenz in der Steiermark: 69,51
    h. 69,5 % der Steirer*innen schätzen die Aufgaben der digitalen Gesundheitskompetenz als einfach oder sehr einfach ein.
  • Männer weisen eine höhere digitale Gesundheitskompetenz auf als Frauen.
  • Befragte über 30 haben im Durchschnitt ihre digitale GK deutlich schlechter eingestuft als Befragte unter 30.

Folgende Zahlen beziehen sich auf Österreich:

  • Rund drei Viertel der erwachsenen Österreicher*innen nutzen das Internet, um sich über GH-Themen zu informieren.
  • 44 % der Österreicher*innen nutzen soziale Medien, um sich über gesundheitliche Themen zu informieren oder auszutauschen; 17 % mindestens einmal pro Woche.
  • Digitale Geräte in Zusammenhang mit Gesundheit und mit der medizinischen Versorgung (z.B. Schrittzähler, Smart Watch, etc.) werden von 42 % genutzt; 16 % täglich und 17 % wöchentlich.
  • Etwa ein Drittel der Österreicher*innen verwendet Gesundheitsapps am Handy: 15 % täglich, weitere 11 % wöchentlich.

Über „Gesund informiert“

Wie genau funktioniert Blutspenden? Welcher Gesundheits-App kann ich vertrauen? Was hat Zähneputzen mit Alltagsbewegung zu tun? Und kann man sich gesund UND günstig ernähren? „Gesund informiert“ liefert Antworten auf diese und viele weitere Gesundheitsfragen. Die Website und der Podcast helfen dabei, alles Wissenswerte für die eigene Gesundheit besser zu finden, zu verstehen und anzuwenden. Im Podcast zu Gast waren unter anderem bereits Nici Schmidhofer (steirische Ski-Weltmeisterin und Weltcup-Siegerin), Michaela Wlatting (Patient*innen- und Pflegeombudschaft Steiermark) und Jana Meixner (Medizin Transparent).