Durch Telemedizin Versorgungsqualität weiter steigern

Das Programm HerzMobil wird bereits seit 2017 in der Steiermark umgesetzt. Nun wird an einem Softwaremodul gearbeitet, das die Versorgung für Herzschwäche-Patient*innen weiter verbessern soll. Das Projekt ADAPT wird vom Gesundheitsfonds Steiermark gefördert, von telbiomed Medizintechnik und IT Service umgesetzt und ermöglicht eine noch gezieltere Medikamentendosierung. ADAPT und Herzmobil zeigen einmal mehr, wie durch die Kombination aus persönlicher Betreuung und Telemedizin die Versorgungsqualität steigt.

Durch die bundesweite Gesundheitsreform, die auf dem Leitsatz „digital vor ambulant vor stationär“ basiert, schreitet die Digitalisierung weiter voran. In der Steiermark werden derzeit im Rahmen des Förderungscalls „Digital!Healthcare“ sechs innovative Projekte mit rund 1,1 Mio. Euro gefördert. Eine im Juni 2024 durchgeführte Evaluierung bestätigte den guten Fortschritt in allen Projekten. Auch arbeiten alle Projekte daran, eine Integration in die Regelversorgung zu ermöglichen – was eine wesentliche Voraussetzung für die geförderten eHealth-Projekte ist.

eHealth-Lösungen ergänzen bestehendes Angebot

Gesundheitslandesrat Karlheinz Kornhäusl: „Egal wo jemand lebt, die Gesundheitsversorgung darf keinen Unterschied machen. Daher ergänzen wir bestehende Versorgungsangebote um eHealth-Lösungen, um ein noch breiteres Angebot zu bieten. Bei aller Technologie ist aber entscheidend, dass die Menschen mit ihren Bedürfnissen im Mittelpunkt stehen: Eine App kann keine Berührung ersetzen und die Künstliche Intelligenz keine Zuwendung.“

Klubobmann Hannes Schwarz: „Die Kombination aus persönlicher Betreuung und modernster Telemedizin zeigt, wie wir im Gesundheitswesen neue Maßstäbe setzen können. Durch die enge Zusammenarbeit aller Beteiligten im HerzMobil-Netzwerk stellen wir sicher, dass die individuellen Bedürfnisse der Patientinnen im Mittelpunkt stehen. So schaffen wir ein System, das die Versorgungsqualität stetig steigert und die Gesundheit unserer Mitbürgerinnen nachhaltig verbessert.“

Karl P. Pfeiffer, eHealth-Koordinator für die Steiermark: „Im Rahmen des Calls ‚Digital!Healthcare‘ fördert der Gesundheitsfonds Projekte, die innovativ, technisch versiert, praxisbezogen, allerdings auch herausfordernd sind. Die eHealth-Projekte haben das Potential, die Gesundheitsversorgung zu verbessern und Prozesse effizienter gestalten Die Steiermark wird ihrer Pionierrolle im Bereich eHealth damit weiterhin gerecht.“

eHealth (Sujetbild)

eHealth-Lösungen wie ADAPT von telbiomed ergänzen bestehende Versorgungsangebote.
Credit: ipopba/iStock

Leitlinienkonforme Medikamentenverschreibung

Eines der im Rahmen von „Digital!Healthcare“ geförderten Projekte ist ADAPT von telbiomed Medizintechnik und IT Service GmbH, unterstützt durch das AIT Austrian Institute of Technology GmbH. ADAPT steht für Automatisierte Dosisberechnung und Anzeige für Herzinsuffizienz Patient*innen in einem Telemedizinischen Versorgungsprogramm.

Andreas Ziegl vom ADAPT-Projektteam bei telbiomed: „Wir entwickeln im Projekt ein Softwaremodul, damit Medikamente bei Herzinsuffizienz leitlinienkonform verschrieben werden. Die Basis dafür ist die „European Society of Cardiology” (ESC)-Leitlinie zur Behandlung von chronischer und akuter Herzinsuffizienz. Die Anwendung einer solchen Leitlinie führt nachweislich zu einem Rückgang der Langzeitmortalität sowie einem reduzierten Risiko von Krankenhausaufenthalten. Die Behandelnden sehen mit unserem Tool auf einem Blick, wie sich die aktuelle Wirkstoffdosierung des Patienten bzw. der Patientin im Vergleich zur empfohlenen Dosis verhält.“

Das Softwaremodul ist eine Innovation am Markt. Markus Falgenhauer vom ADAPT-Projektteam bei AIT: „Es gibt zwar für Herzschwäche einige Apps, die mit Entscheidungsbäumen arbeiten. Ein Tool das die tatsächliche Medikation analysiert und auf einen Blick zeigt, wie sich diese von den Leitlinien-Empfehlungen unterscheiden, gibt es aber nicht.“ Die Ergebnisse von ADAPT werden für die Entwicklung eines Medizinprodukts, welches nach MDR zertifiziert wird, verwendet. Die Erfüllung der hohen Anforderungen der MDR hinsichtlich der Sicherheit und Leistungsfähigkeit von Medizinproduktenuntermauern die hohe Qualität des Softwaremoduls.

Laufende Kommunikation mit Patient*innen

Das Finden der richtigen Dosierung ist Maßarbeit, verweist telbiomed-Geschäftsführer Robert Modre-Osprian auf die dahinterliegende Herausforderung. „Es gibt vier große Wirkstoffgruppen, mit denen sich nachweislich sehr gute Behandlungserfolge erzielen lassen. Die Schwierigkeit liegt allerdings darin, einzelne Patient*innen herauszufinden, welche der Medikationen bzw. welche Kombination daraus am besten wirkt. Dazu müssen auch Vitaldaten und andere individuelle Parameter miteinbezogen werden und vor allem braucht es eine laufende Kommunikation zwischen Patientinnen bzw. Patienten und dem Betreuungsteam.“

Hier kommt das HerzMobil-Netzwerk ins Spiel, in dem dieser enge Austausch bereits gelebt wird. Im HerzMobil-Programm werden Herzinsuffizienz-Patient*innen engmaschig von Ärzt*innen (Fachärzt*innen, stationärer und niedergelassener Bereich) und Pflegenden betreut. Darüber hinaus erheben sie über ein telemedizinisches System mit Körperwaage, Blutdruck- und Pulsmessgerät sowie ein speziell konfiguriertes Mobiltelefon selbstständig Messdaten. ADAPT soll in HerzMobil integriert werden und so dem Betreuungsteam die Möglichkeit geben, die aktuelle Medikamentendosierung mit den Empfehlungen der Leitlinie auf einen Blick zu vergleichen. Durch die leitliniengerechte Dosierung soll sich die Versorgung der Patient*innen noch weiter verbessern.

Eigenständiges Modul und ELGA-Integration

Das geplante Medizinprodukt wird als eigenständiges Softwaremodul entwickelt, d.h. auch über HerzMobil hinaus ist eine Anwendung in anderen telemedizinischen Systemen möglich. Bereits jetzt wird daran gearbeitet, die erfassten HerzMobil-Daten mittels Telemonitoring-Episodenbericht über ELGA verfügbar zu machen. Mithilfe von ADAPT soll auch ermöglicht werden, die Leitlinienkonformität der aktuellen medikamentösen Verordnung sowie etwaige Kontraindikationen über ELGA einzusehen. Dies ist ein großer Vorteil für die betreuenden Hausärzt*innen, die in der Weiterbehandlung der Patient*innen auf diese Daten zurückgreifen können.

Mehrwert für Patient*innen und Gesundheitssystem

Das bestehende HerzMobil-Netzwerk ist auch für die Entwicklung von ADAPT ein großer Vorteil. „Wir können hier auf ein bestehendes Netz an Expertinnen und Experten aus Medizin und Pflege zurückgreifen. Diese Inputs aus der Praxis sind immens wichtig in der Softwareentwicklung“, betont Modre-Osprian. Generell sieht der Geschäftsführer in der Kombination aus interdisziplinärer Zusammenarbeit, engmaschiger Betreuung und Telemedizin einen großen Mehrwert für Patient*innen und Gesundheitssystem. „In der Regel ist es ja so, dass Ärztinnen und Ärzte die Patientinnen und Patienten untersuchen und auf Basis dieser Untersuchung Medikamente dosieren. Bei der nächsten Untersuchung wird die Dosierung gegebenenfalls angepasst. Bei Versorgungsprogrammen wir HerzMobil erfolgt aber auch zwischen den Untersuchungen ein laufendes Daten-Monitoring, das von den Ärztinnen und Ärztinnen in die Medikations- und Behandlungsentscheidung miteinbezogen werden kann. Die Versorgungsqualität steigt dadurch deutlich“, steht für Modre-Osprian außer Frage.

Telemedizin-Pioniere

Umgesetzt wird ADAPT von telbiomed, einem Spin-Off-Unternehmen der AIT Austrian Institute of Technology, mit Firmensitz in Graz-Reininghaus (Smart Business Center). AIT bzw. telbiomed haben mit HerzMobil den österreichweit ersten telemedizinischen Behandlungspfad in der Regelversorgung entwickelt und damit einen neuen Verhandlungsstandard für chronische Erkrankungen mitbegründet.

Erfolgreiche Entwicklung von HerzMobil Steiermark

HerzMobil Steiermark ist ein umfassendes Versorgungsprogramm, dass Patient*innen mit Herzinsuffizienz Wege und Wartezeiten durch den Einsatz von Telemedizin erspart – bei gleicher Versorgungssicherheit. Seit 2017 wird HerzMobil als Projekt in der Steiermark umgesetzt. Die Sterblichkeit sowie die Rehospitalisierungsrate können durch das HerzMobil-Programm deutlich reduziert und die Lebensqualität erhöht werden, wie Studien aus HerzMobil Tirol zeigen. Darüber hinaus ist das System sehr kosteneffektiv. Derzeit wird daran gearbeitet, das HerzMobil-Programm mit niedergelassenen Netzwerksärzt*innen zu verstärken und in weiterer Folge vom Projektstatus in den Regelbetrieb überzuführen.