Integrierte Versorgung Kreuzschmerz

Schmerzen sind ein häufiges Symptom bei unterschiedlichsten Erkrankungen und haben als Warnsignal des menschlichen Organismus eine überlebensnotwendige Schutzfunktion. Das Erscheinungsbild „Schmerz“ ist so vielgestaltig wie die verursachenden Krankheiten und wird in der Regel mit der Grunderkrankung mitbehandelt. Trotz guter Prognose und einer hohen Spontanheilungsrate für die Mehrheit der PatientInnen, kann sich das Symptom Schmerz „verselbstständigen“.

Dann besteht im Sinne einer eigenständigen Schmerzkrankheit die Schmerzempfindung ohne eine „verursachende Krankheit“ weiter. Diese eigenständige Schmerzkrankheit wird als chronischer Schmerz bezeichnet und ist als ein mehrdimensionales Geschehen zu verstehen, das von einer Vielzahl somatischer, aber auch von psychosozialen Variablen beeinflusst wird. Chronische Schmerzen sind demnach als bio-psycho-soziale Erkrankung anzusehen

Die häufigste Ursache für chronische Schmerzen ist der Rückenschmerz / Kreuzschmerz. Bei einem großen Teil der RückenschmerzpatientInnen können keine spezifischen Schmerzursachen gefunden werden. Man spricht dann vom sog. „unspezifischen Rückenschmerz/Kreuzschmerz“. Aufgrund des häufigen Vorkommens des unspezifischen Kreuzschmerzes in der Bevölkerung der westlichen Industriestaaten (die Lebenszeitprävalenz liegt zwischen 60 bis 85%; [Andersson G., et. al, 1997; Friedrich M., et.al. 2006]) stellt dieses Krankheitsbild ein gravierendes sozialmedizinisches und gesundheitsökonomisches Problem dar. In Österreich leiden etwa 24% der Bevölkerung die über 15 Jahre alt sind an Rückenschmerzen; die Bandbreite in der Bevölkerung im Bundesländervergleich liegt zwischen 21 bis 28%. Die Steiermark liegt mit ca. 25% der Betroffenen etwas über dem Österreich-Durchschnitt (selbstberichtete Daten aus der ATHIS [Austrian Health Interview Survey] Erhebung, für die Steiermark hochgerechnet).

Aufgrund der hohen Relevanz dieses Krankheitsbildes für das Gesundheitssystem hat das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK) im Jahr 2018 die Leitlinie „chronischer Kreuzschmerz“ veröffentlicht. Die Leitlinie fokussiert insbesondere auf Ärzt*innen in der Primärversorgung, die Patient*innen mit akuten, subakuten und chronischen unspezifischen Kreuzschmerzen versorgen.

Projekt für Rückenschmerz-Patient*innen

In der Steiermark wurde  2018 das Projekt „Erarbeitung eines abgestuften integrierten evidenzbasierten Versorgungskonzepts für Patient*innen mit chronischen Rückenschmerzen, welches einen multimodalen Ansatz berücksichtigt und Maßnahmen zur Stärkung der Rückengesundheit inkludiert“ initiiert. Die Projektleitung wurde dem Gesundheitsfonds Steiermark und der Österreichischen Gesundheitskasse – Landesstelle Steiermark übertragen.

Der Bezirk Hartberg-Fürstenfeld war die erste Pilotregion für das Projekt. Seit Juli 2022 werden auch Patient*innen in Graz betreut (Krankenhaus der Elisabethinen und Gesundheitszentrum medius).

Teilnehmende Ärzt*innen im BEZIRK HARTBERG-FÜRSTENFELD:

Teilnehmende Ärzt*innen in GRAZ:

Ziele des Projekts:

  • die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung in Bezug auf Rückengesundheit zu steigern
  • die Lebensqualität der Patient*innen mit (chronischen) Rückenschmerzen zu steigern

  • den Anteil an Patient*innen mit chronischen Rückenschmerzen zu reduzieren

  • Patient*innen mit chronischen Rückenschmerzen länger im Beruf halten zu können

Der erste Umsetzungsschritt erfolgt unter dem Titel: „Der*die Rückenschmerzpatient*in und seine*ihre Versorgung in unserer Region“ auf Ebene der Primärversorgung und hat die Reduktion von chronischen Rückenschmerzverläufen im Fokus. Durch einen modifizierten Behandlungsablauf und den Einsatz spezifischer Screening- Instrumente soll(en) in diesem Projektmodul:

  • frühzeitig erkannt werden, ob das Risiko für einen chronischen Verlauf der Kreuzschmerzen besteht

  • Patient*innen rasch in die richtige Versorgungsschiene gebracht – Fokus liegt auf dem bio-psycho-sozialen Konzept

  • eine frühzeitige multidisziplinäre Abklärung über ein sog. Assessment erfolgen

  • den Patient*innen bei Bedarf ein multidisziplinäres Kurzinterventionsprogramm angeboten werden

  • eine stärkere Vernetzung zwischen den betreuenden Ärzt*innen und Therapeut*innen im intramuralen und extramuralen Bereich erfolgen

Die Zielgruppe für dieses Projekt sind Patient*innen:

  • Alter > 18 Jahre
  • Patient*innen mit unspezifischen Rückenschmerzen, die ein erhöhtes Chronifizierungsrisiko aufweisen; i.e.:

    • trotz Leitlinienkonformer Therapie eine Schmerzdauer zwischen
      4 bis 6 Wochen oder Schmerzen die innerhalb der letzten 2 Jahre in Abständen von mehr als 6 Monaten wiederholt aufgetreten sind und zwischen 4 bis 6 Wochen andauern.
    • das Ergebnis des STarT Back Screenings auf ein erhöhtes Chronifizierungsrisiko hinweist
    • psychosoziale Belastungsfaktoren aus der Anamnese hervorgehen bzw. dem*der Arzt*Ärztin bekannt sind
  • unterzeichnete Einverständniserklärung des*der Patienten*Patientin