Schlaganfall: Zeit ist Hirn – vor allem im Notfall
Der 29. Oktober ist der Welttag des Schlaganfalls. Schlaganfall ist der häufigste Auslöser für bleibende Behinderungen im Erwachsenenalter und zählt zu den häufigsten Todesursachen. Im Ernstfall ist ein möglichst rascher Notruf entscheidend – Zeit ist Hirn. Seit zehn Jahren wird die integrierte Versorgung von Schlaganfallpatient*innen in der Steiermark im Regelbetrieb umgesetzt. Die Wirksamkeit von Aufklärung und enger Koordination aller Beteiligten im Versorgungssystem bestätigen aktuelle Zahlen aus dem Jahr der Pandemie.
Nach einem erfolgreichen Start als Projekt wurde 2011 die integrierte Versorgung von Schlaganfall-Patient*innen in den Regelbetrieb überführt. Der Gesundheitsfonds Steiermark und die ÖGK-Landesstelle Steiermark koordinieren seither die Schlaganfallversorgung.
Fünf Stroke Units gewährleisten eine flächendeckende Versorgung
„Teil dieser integrierten Versorgung ist einerseits die Prävention, andererseits die zentrale Koordination aller Versorgungspartner von der Rettung über die betreuenden Ärztinnen und Ärzte bis hin zu den Rehabilitationseinrichtungen“, so Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß. Da ein Schlaganfall nicht immer einfach zu erkennen ist, ist auch die Aufklärung der Bevölkerung eine zentrale Maßnahme. „Dass diese Maßnahmen wirken und unsere fünf Stroke Units eine flächendeckende Versorgung gewährleisten, zeigte sich nicht zuletzt im Jahr 2020. Es wurden in den hochspezialisierten Abteilungen nahezu gleichviele Menschen behandelt wie 2019“, verweist die Gesundheitslandesrätin auf Auswertungen aus den Stroke Unit Registers der KAGes für das Pandemie-Jahr 2020.
Von Jänner bis Dezember 2020 wurden in den steirischen Stroke Units 2.652 Patient*innen mit Schlaganfall behandelt, bei welchen ein Stroke Unit Register-Dokument angelegt wurde. Das sind fast gleich viele Patient*innen wie im Jahr 2019, in dem 2.714 Patient*innen behandelt wurden.
Zeit ist Hirn: Rettungskette ohne Zeitverzögerung in Gang setzen
„Es ist unglaublich wichtig, dass möglichst viele Menschen in der Lage sind, einen Schlaganfall sofort zu erkennen und die Rettungskette ohne Zeitverzögerung in Gang zu setzen“, betonen die Vorsitzenden des steirischen ÖGK-Landesstellenausschusses, Josef Harb und Vinzenz Harrer. Nachsatz: „Gesundheitskompetenz beginnt aber beim eigenen Lebensstil. Wer die klassischen Risikofaktoren – Rauchen, zu viel Alkohol, Bluthochdruck, Übergewicht, mangelnde Bewegung, Stress – reduziert, senkt damit auch sein persönliches Schlaganfall-Risiko. Die ÖGK unterstützt dabei mit einer Vielzahl an Angeboten, die Palette reicht von der jährlichen Vorsorgeuntersuchung über die Ernährungsberatung bis hin zu den ‚Rauchfrei in 6 Wochen‘-Seminaren.“
Kein Anstieg von ischämischen Schlaganfällen
Dass es im steirischen Gesundheitswesen es zu keiner relevanten Unterversorgung von Schlaganfallpatient*innen während der Pandemie gekommen ist, bestätigt auch eine Studie der Med Uni Graz*. Zwar waren die Hospitalisierungsraten für transitorische ischämische Attacken (TIA), welche ein Frühwarnzeichen für einen Schlaganfall sein kann, während der ersten COVID-19-Welle von März bis Mai 2020 reduziert. Es kam allerdings zu keinem Anstieg von ischämischen Schlaganfällen (häufigste Form des akuten Schlaganfalls). Hier wurden vergleichbar viele Patient*innen behandelt wie in den Vorjahren, was bestätigt, dass auch in der Pandemie eine adäquate Akut-Versorgung auf den steirischen Schlaganfall-Einheiten, den Stroke Units, gewährleistet war.
Zeit ist Hirn: Woran man einen Schlaganfall erkennt
Ein Schlaganfall wird durch eine plötzliche Durchblutungsstörung im Gehirn ausgelöst, meist durch Einengung oder Verschluss einer Hirnarterie oder seltener durch eine Hirnblutung. Ein Schlaganfall liegt wahrscheinlich dann vor, wenn die Beschwerden plötzlich, also „schlagartig“, aufgetreten sind. Oder wenn sie aus dem Schlaf heraus beim Aufwachen beobachtet werden und wenn ein oder mehrere der unten genannten Zeichen vorhanden sind:
- Plötzliche halbseitige Lähmung, z.B. Mundwinkel hängt herab; Arme und/oder Beine sind schlaff und kraftlos
- Plötzliche Sprechstörung (verwaschene Sprache, Lallen oder Unfähigkeit zu sprechen)
- Plötzliche Schwierigkeiten, Gesprochenes zu verstehen (Sprachverständnisstörung)
- Plötzliche Sehstörung: Sehen von Doppelbildern, verschwommenes Sehen, einseitiger Sehverlust, halbseitige Gesichtsfeldausfälle
- Plötzliche Gefühllosigkeit bzw. Taubheit an verschiedenen Körperregionen (meist Arm, Bein oder Gesicht)
- Plötzlich einsetzender Schwindel oder Benommenheit
Aber auch weniger typische Beschwerden, zum Beispiel Bewusstseins-Trübung, können auf einen Schlaganfall hinweisen – bei Frauen häufiger als bei Männern.
Bei Auftreten eines oder mehrerer dieser Anzeichen sollte sofort die Rettung verständigt werden: Telefon 144
Auch ein „Schlagerl“ ist nicht harmlos!
Es gibt auch eine „kleinere“ Version des Schlaganfalls, die meist nur wenige Minuten andauert und oft als „Schlagerl“ verharmlost wird. Das „Schlagerl“, im Fachjargon als TIA (transitorisch ischämisch Attacke) bezeichnet,darf nicht unterschätzt werden, denn dabei kommt es ebenfalls zu einer vorübergehenden Durchblutungsstörung im Gehirn. Die entsprechenden Symptome bilden sich allerdings von selbst wieder zurück. Die TIA gilt als Vorbote des Schlaganfalls und sollte daher umgehend medizinisch abgeklärt werden.
Je früher die Behandlung beginnt, desto besser
Was immer die genaue Ursache für einen Schlaganfall ist – die Folgen sind stets die gleichen: Das Gehirn wird nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt, sodass lebenswichtige Zentren nicht mehr arbeiten können und absterben. Die gute Nachricht: Blutgerinnsel können innerhalb der ersten Stunden nach Beginn des Schlaganfalls durch die Verabreichung spezieller Medikamente wieder aufgelöst werden und das gelingt umso besser, je früher die Behandlung begonnen wird. Daher ist rasches Handeln entscheidend! Zusätzlich besteht bei ausgewählten Patient*innen seit einigen Jahren die Möglichkeit, das Blutgerinnsel mechanisch aus dem verschlossenen Gefäß zu entfernen (Thrombektomie).
Wie kann das Schlaganfallrisiko minimiert werden?
Der beste Schutz vor einem Schlaganfall ist ein gesunder Lebensstil. Rauchen, fettreiche Ernährung, zu viel Alkohol, zu wenig Bewegung und zu viel Stress sind die wesentlichen Risikofaktoren. Sollte bei Ihnen ein Bluthochdruck festgestellt worden sein, senkt eine gute Blutdruckeinstellung das Risiko für einen Schlaganfall deutlich.
Um einen Schlaganfall zu vermeiden und auch nach einem Schlaganfall ist es besonders wichtig, diese Risikofaktoren konsequent zu reduzieren.
*) Quelle: Gattringer T, Fandler-Höfler S, Kneihsl M, Hofer E, Köle W, Schmidt R, Tscheliessnigg KH, Frank AM, Enzinger C. Hospital admissions of acute cerebrovascular diseases during and after the first wave of the COVID-19 pandemic: a state-wide experience from Austria. J Neurol. 2021 Feb 27; 1–5. DOI: 10.1007/s00415-021-10488-8. Epub ahead of print. PMID: 33641003; PMCID: PMC7914046.