Gesundheit verträgt keine Gewalt – Hinschauen und Nachfragen hilft!
Ziele des Projekts „Gesundheit verträgt keine Gewalt – Hinschauen und Nachfragen hilft!“ war, Mitarbeiter*innen im Gesundheitswesen und im Pflegebereich im Umgang mit verschiedenen Formen von Gewalt zu schulen und das Thema in die Aus- und Weiterbildung der Gesundheitsberufe zu bringen. Trotz der Pandemie sind rund 100 Fort- und Weiterbildungen gebucht worden, drei Expert*innenforen haben stattgefunden. Wesentliche Impulse für die Verankerung des Themas in der Ausbildung konnten gesetzt werden.
„Gesundheit verträgt keine Gewalt – Hinschauen und Nachfragen hilft!“ ist ein Projekt der Gesundheitsplattform und wird im Auftrag des Gesundheitsfonds Steiermark vom Frauengesundheitszentrum durchgeführt. Im Rahmen der „16 Tage gegen Gewalt“ von 25. November, dem internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, und dem 10. Dezember, dem internationalen Tag der Menschenrechte, wird Bilanz über das Projekt gezogen.
„Gesundheit verträgt keine Gewalt“ leistet wichtigen Beitrag zur Sensibilisierung
„Mit dem Projekt ‚Gesundheit verträgt keine Gewalt – Hinschauen und Nachfragen hilft‘ konnten wir über fünf Jahre lang einen wesentlichen Beitrag zur Sensibilisierung und Gewaltprävention leisten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gesundheitswesens nehmen hier eine zentrale Rolle ein, da sie oft die erste Anlaufstelle für von Gewalt betroffenen Frauen und Männern sind“, sagt Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß.
„Gerade Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitswesen sind oft sehr nahe konfrontiert mit Gewalt gegen Frauen. So eine schwierige Situation zu erkennen, ist eine Aufgabe, die immer wieder Aus- und Fortbildung braucht“, betont Soziallandesrätin Doris Kampus. „In der breiten Palette an Maßnahmen zum Gewaltschutz, die in der Steiermark gesetzt werden, nehmen das Gesundheitswesen und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Schlüsselstellung ein, wenn es darum geht, hin- und nicht wegzuschauen und die Wahrheit einfühlsam ans Licht zu bringen.“
Rund 100 Fort- und Weiterbildungen
„Das Frauengesundheitszentrum arbeitet an der Schnittstelle von Gesundheitswesen und Gewaltschutzbereich“, erklärt Projektleiterin Christine Hirtl. „Wir verbinden mit diesem Projekt die beiden Bereiche, bringen Akteur*innen zusammen und bündeln damit Expert*innenwissen. Wenn Mitarbeiter*innen im Gesundheitswesen Gewalt früher erkennen und in Zusammenarbeit mit dem Gewaltschutzbereich wirkungsvolle Hilfe anbieten können, leistet dies einen sehr wesentlichen Beitrag zur Prävention (erneuter) Gewaltausübungen.“ Ausdruck findet dies im Fortbildungskatalog, zusammengestellt vom Projektteam des Frauengesundheitszentrums. Hier haben Expert*innen aus dem Gewaltschutzbereich und dem Gesundheitswesen für ein vielfältiges Angebot gesorgt. Themen der Fortbildungen sind etwa
- häusliche Gewalt,
- Melde- und Anzeigepflicht der Gesundheitsberufe,
- institutionalisierte Gewalt,
- Gewalt in der Pflege,
- Trauma und psychische Langzeitfolgen von Gewalt,
- sexualisierte Gewalt sowie
- Deeskalations- und Sicherheitstraining.
Große Nachfrage im Bereich der Pflege
Im Rahmen des Projektes sind Mitarbeiter*innen aus unterschiedlichen Bereichen des Gesundheitswesens geschult worden. „Die größte Nachfrage kam aus dem Bereich Pflege. Es gab auch Fortbildungstage für Bedienstete des Landes Steiermark, Abteilung 8, und dem Department für Gesundheitsberufe der FH Joanneum. Gemeinsam mit der Akademie für Gesundheitsberufe haben wir eine viertägige Weiterbildung für Pfleger*innen geplant, die derzeit durchgeführt wird”, berichtet Kerstin Pirker, Projektkoordinatorin, „Leider kam es aufgrund der Lockdowns zu Verschiebungen, so finden einige der gebuchten Fortbildungen erst 2022 statt.“
„Hinschauen und nachfragen ist besonders in einer Pandemie wichtig, denn in Ausnahmesituationen wie einem Lockdown kann es zu einem Anstieg von häuslicher Gewalt kommen. Die zahlreichen Buchungen zeigen den großen Bedarf“, bestätigt Christine Hirtl das Interesse.
Thema Gewalt im Lehrplan von Gesundheitsausbildungen
Für alle Gesundheitsberufe ist es wichtig, Akut- aber auch Langzeitfolgen von häuslicher und sexualisierter Gewalt zu erkennen, um später in der Praxis Betroffene gut zu versorgen und bei Bedarf weiterverweisen zu können. Deshalb gibt es eine gesetzliche Verpflichtung, das Thema in die Ausbildungen zu verankern. Im ersten Teil des Projektes ist daher ein neues Modul mit 21 Einheiten zum Thema Gewalt als fixer Bestandteil der Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung der FH JOANNEUM verankert worden. An der Medizinischen Universität Graz soll das Thema nach Vorbild der Medizinischen Universität Wien im Lehrplan verankert werden – dafür wurden vorbereitende Gespräche geführt, ebenso mit weiteren Departments der Fachhochschule.
Austausch und Vernetzung gab es auch bei 3 Expert*innenforen mit gesamt rund 150 Teilnehmer*innen aus dem Gesundheits- und Gewaltschutzbereich, bei Treffen des Projektbeirats und bei Lobbying-Gesprächen etwa mit Vertreter*innen der Ärztekammer, dem Berufsverband österreichischer Psycholog*innen, dem Österreichischer Gesundheits- und Krankenpflegeverband – Landesverband Steiermark, der ÖGK, der KAGes oder der Med Uni Graz und Wien.
Wie geht es weiter?
Das Projekt hat viel bewegt, doch das Ziel ist, alle Mitarbeiter*innen im Gesundheitswesen zu erreichen. Daher hat das Grazer Frauengesundheitszentrum bei den Ressorts Gesundheit und Soziales ein Folgeprojekt beantragt. Ein Schwerpunkt liegt weiterhin auf der Verankerung des Themas Umgang mit Gewalt in Ausbildungscurricula und Weiterbildungsschienen für Gesundheitsberufen. Die Vernetzung von Expert*innen und Akteur*innen des Gesundheitswesens und des Gewaltschutzbereichs soll fortgesetzt werden. Ziel bleibt auch, die (Fach-)-Öffentlichkeit auf das Thema aufmerksam zu machen.